Pienza

Reiseführer durch Stadt und Umgebung (Corsignano, Spedaletto, Monticchiello Sant’Anna in Camprena)
- Autore: Marco Pierini
- Anno: 2002
- Formato: 17 x 24 cm.
- Pagine: 64 S., Abb.
- ISBN: 88-7145-130-9
Reiseführer durch Stadt und Umgebung (Corsignano, Spedaletto, Monticchiello Sant’Anna in Camprena)
Im Laufe der letzten Jahre ist Pienza zweifellos zu einem der vom Kunsttourismus besuchtesten und geschätztesten Städtchen der Provinz Siena geworden. Damit scheint endlich seine jahrhundertelange Stellung im Abseits umgekehrt worden zu sein. Pienza war durch die Jahrhunderte einsamer und eindrucksvoller Ausdruck eines fast vollständig realisierten humanistischen Traums, der wie schwebend und wunderbar unverändert die weiten Hügelflächen des Orciatals dominiert, das wie in einem Bühnenbild vom Massiv des Monte Amiata abgeschlossen wird.
Unter dem Ansturm des Massentourismus wird das Gefüge der Pius-Stadt nicht unerheblichen Risiken ausgesetzt. Die augenscheinlichste Gefahr ist wohl die der fahrlässigen Veränderungen: Pienza nimmt immer mehr den Anschein eines von den Städtern erträumten verschlafenen Fleckens an, in dem nun anstelle der fast verschwun denen traditionellen Läden neue Geschäfte und andere Gewerbe angesiedelt werden – z.B. Trödler und Antiquariate, raffinierte Kräuter- und Naturwarenhandlungen –, die jedoch unüblich für einen Ort sind, der einst vor allem von seinem ihm zuliefernden Umland mit Landwirtschaft und Schafzucht lebte. Neugierige Menschenmengen drängeln sich heute um ein Warenangebot, das mit Pienza nurmehr den Handelsort und das Schaufenster gemein haben.
Sicher ist dieses Bild etwas übertrieben, zumal es sicher dem Besucherzufluß zu verdanken ist, daß dem Städtchen der sonst unvermeidliche Verfall aufgrund der Aus wanderung vieler Einheimischer erspart wurde. Eine umsichtige Gemeindeverwaltung hat den Bau von großen und unpassenden neuen Gebäuden verhindert. Zuletzt ist dem Städtchen auch eine bedeutende Auszeichnung verliehen worden: sie ist zum von der Unesco geschützten Kulturort ernannt worden und damit auf dem gleichen Rang wie zahlreiche berühmte Städte Italiens und der Welt. Die geschichtliche Bedeutung von Pienza und sein unschätzbares Vermögen an Kunstwerken und Monumenten – das untrennbar mit einer der hervorragendsten Persönlichkeiten der italienischen Renaissance und seinen Mitarbeitern an der Schöpfung der Stadt verbunden ist –, haben damit ihre würdige Anerkennung erfahren.
Trotzdem ist es nicht einfach, von Pienza zu sprechen: Man kann leicht versucht sein, dem Hang zur Verherrlichung nachzugeben, der im übrigen nicht unberechtigt erscheint angesichts des Stadtbilds und seiner besonderen Entstehungsgeschichte. Zum anderen könnte man der anziehenden, doch gefährlichen Versuchung erliegen, alles auf die Traditionen zu gründen, die alles vereinheitlichen und damit für vorbestimmt erklären. Man kann von bloßer Rhetorik verwirrt werden und damit die eigentümliche Bedeutung des pienzer Schaffens übersehen, das wie ein Distillat aus Wissenschaft und Kunst erscheint, eine Darstellungskultur, die – vielleicht einzigartig in dieser Form –, die florentinischen Formen mit dem sieneser Geist zu verbinden wußte: einmalig und unwiederholbar und nur für jene erkennbar, die umfassende Kenntnisse dieser Kunst und dieser Stadt besitzen und sie für uns mit klugem Scharfsinn und fundierter Informationsfülle darstellen.
Die Arbeit von Marco Pierini scheint uns ein Beispiel für eine solche Beschreibung zu sein. Ein junger Wissenschaftler, an der wissenschaftlichen Strenge der Universität Siena geschult und gleichzeitig der Leidenschaft zum Kunstwerk und ihrem bildlichen Ausdruck verschrieben, die ebenfalls von Anfang an die unermüdlichen Untersuchungen von Enzo Carli auszeichnen, dem vormaligen Oberintendenten, dem Kunsthistoriker, Forscher und Meister, dem die sieneser Kunsthistorik sehr viel verdankt und insbesondere jene über Pienza, das Gegenstand einer seiner wichtigsten Veröffentlichungen seines umfangreichen Werkes ist.
Marco Pierini gibt uns einen getreuen Bericht über Pienza, reich an Informationen und Beobachtungen, die zum besseren Verständnis und Gefallen der zu besichtigenden Orte beitragen. Wie gesagt, reich an Informationen, doch nie pedantisch, sondern um einen persönlichen Geschmack bereichert, der keine unpassenden Allgemeinplätze bzw. Wertehierarchien einführt. Kurz gesagt: ein Text, der die Einzigartigkeit des Erscheinungsbildes und des Kunstvermögens von Pienza verstehen hilft.
Wir sind sicher, daß inmitten der inzwischen zahllosen allgemeinen und speziellen Veröffentlichungen über dieses weithin geschätzte Städtchen des sieneser Landes und seiner faszinierenden Umgebung der Beitrag von Marco Pierini im Rahmen der von der “nuova immagine editrice” herausgegebenen Reiseführer durch die Provinz Siena einen unverzichtbaren und qualitativ hochstehenden Platz einnehmen wird.